Dienstag, 26. August 2008

So langsam gewoehnt man sich doch an alles. Mit jedem Tag sieht die Stadt ein wenig schoener aus und jeden Tag lerne ich ein bisschen mehr Portugiesisch...
Es ist faszinierend zu sehen, wie in einem so unsortierten Land doch jeder seinen festen Platz hat und es eine Menge ungeschriebener Regeln gibt, nach denen alles doch irgendwie funktioniert. Und man merkt, dass viel mehr fuers Leben wichtig ist als warme Duschen, Waschmaschinen, saubere Haeuser, fliessend Wasser und ein Auto in der Garage. Es lebt sich gut hier und man trifft viele unheimlich nette Leute.
Was man an Maputo aber auch sehen kann ist wie nah arm und reich nebeneinander sind. Es gibt Viertel mit Riesen Villen und daneben Wellblechhuetten. Am Sonntag waren wir am Strand, wo Strassenkindern uns nach unserem restlichen Essen gefragt haben. Die waren ueberhaupt nicht aufdringlich, haben sich dann aber auf unser restliches Huehnchen und die Pommes gestuerzt und sich danach ueberschwaenglich bedankt. Sowas ist eindruecklich und gibt zu denken.
In meiner Gastfamilie geht es mir gut. Meine Mutter mag mich, ich habe bei der an Ansehen gewonnen, sobald sie gemerkt hat, dass ich trinken kann und gerne immer wieder mit ihr in eine Kneipe sitze. Meine Gastgeschwister rauben mir manchmal den letzten Nerv, aber sind doch alle lieb. Und ich hab total viele Freiheiten, es ist alles gut und in Ordnung was ich mache und ich denke, dass das sehr wichtig ist, wenn man wirklich fuer ein Jahr da ist.
Allerdings sind mir die Erziehungsmethoden hier doch eher fremd und auch der Umgang mit Tieren ist ein ganz anderer als bei uns. Wir haben z.B. drei Welpen, die sind aber den ganzen Tag eingesperrt und kommen nicht raus.
Der Schlaf wird hier in Mosambik auch laengst nicht so respektiert wie in Deutschland. Eine Nachtruhe gibt es natuerlich nicht und auch im haus nimmt niemand auf Schlafende Ruecksicht. Ungeniert rennt man durch die Zimmer und macht dort auch zu jeder Zeit das Licht an oder weckt die Leute, wenn man was von ihnen braucht. Ausserdem besteht irgendwie das ganze Land aus Fruehaufstehern. Keiner schlaeft normalerweise viel laenger als acht, auch nicht am Wochenende.
Meine Arbeit ist zur Zeit eher frustrierend. Ich arbeite eigentlich mit einer NGO zusammen, aber die hat bis jetzt noch ueberhaupt nichts fuer mich zu tun. Tagelang sitzt man dort im Buero rum und das einzige was zu tun ist, ist fern zu sehen. Ich bin dort mit einer anderen Deutschen, wir haben nun auch ausdruecklich um Arbeit gebeten, sie scheinen sich Muehe zu geben und versprechen vieles, aber bis jetzt ist noch nichts passiert, wir wissen nur, dass sie seit zwei Wochen an einem Plan arbeiten...
Zum ersten Mal in meinem Leben mache ich mir hier wirklich Gedanken ueber die Hautfarbe, wahrscheinlich, weil ich nun in zur Minderheit gehoere und taeglich auf den Strassen merke, dass ich anders aussehe. Oft wird einem das Wort fuer "Weiss" auf Changana hinterher gerufen. Zum Glueck weiss ich, was "Schwarz" heisst, also antworte ich einfach damit und die Leute finden es furchtbar witzig und lachen. Aber nur schwer gewoehn ich mich daran, dass man schon, ohne etwas zu sagen oder zu tun, in einer gesonderten Rolle ist. Vor ein paar Tagen ist mir z.B. passiert, dass man nur mich in ein volles Chapa gelassen hat, die Schwarzen vor mir durften nicht rein. Sowas ist eine total bloede Situation und ohne wirkliche Sprachkenntnisse ist man auch oft noch hilflos...
Soweit zu meinen Eindruecken hier in Mosambik. Bald bin ich schon einen Monat hier und zur Zeit freu ich mich auf die elf weiteren, die noch kommen.

4 Kommentare:

vystupanastup hat gesagt…

"...wir haben nun ausdrücklich um arbeit gebeten": so weit ist es schon gekommen! erst heiratet sie, dann bittet sie um arbeit, und was kommt als nächstes? konstruierst du einen neuen plasmaneutronenbeschleuniger? löst du das allmächtigkeitsparadoxon in wohlgefallen auf (kann gott einen stein erschaffen, den er nicht hochheben kann)? oder erklärst der menschheit, warum verdammtnochmal immer die andere schlange an der kasse schneller ist und der vfb zur zeit so grottig spielt? ich sehe, man kann bei so einem auslandsjahr einiges lernen! nicht schlecht!
beruhigt war ich aber dann, zu lesen, dass dich deine gastfamilie auch wegen deiner sicherlich in unzähligen neubaufesten erworbener trinkfestigkeit zu schätzen weiß. das hat mir dann die relationen doch wieder ein wenig gerader gerückt. nun denn! ich freu mich immer, wenn's neues aus maputo gibt!

Vaddrvoalbra hat gesagt…

Falls der letzte Blog-Eintrag nicht nur der zurückgebliebenen (!) Eltern wegen so erfreulich angelegt war, sondern dem tatsächlichen und demnach zunehmend zuversichtlichen Lebensgefühl der lieben Bloggerin entspricht, sind dies wahrhaft ja gute Nachrichten!
Dass Welpen keinen und Kinder dafür umso lauteren (auch in Schläfernähe) Auslauf haben ist wahrscheinlich nur ein Bruchteil von dieser ganz anderen Welt, in die du eingetaucht bist und von der unsereiner auf der Alb keinste Vorstellung hat!
Dschinga würde sich allerdings schön bedanken!
Und dann die Hautfarbe: Es ist in deiner schreibtisch- und bildschirmfixierten Familie wohl leider so, dass die Kindlein "käsbloich" zur Welt kommen und sich außer durch gelegentliche Sonnbrände farblich kaum verändern, manchmal reicht's auch noch zu der einen oder anderen Rossmugg' oder Psoriasisflechte.
Aber seit der Ariel-Reklame wissen wir, dass weiß nicht das Wichtigste ist, nicht einmal sauber - nein: rein muss man sein, die Wäsche und demnach auch das Gewissen und das Herzle. Und: der weiße Weise weiß nicht allzu viel, wie du in Maputo zu wissen lernen kannst. Und am wenigsten weiß dein weißhaariger Vater, der immerhin weiß, wovon er spricht.
Weil: "Woisch, wenn's edd woisch, no saisch, dass's edd woisch, edd dass de saisch, de woisch's, ond 's edd woisch, woisch!"

Vaddrvoalbra hat gesagt…

Eben haben wir im Fernsehen einen Bericht über Mosamik gesehen, dabei auch Maputo. Es sei das Land "der freundlichen Menschen" hieß es da - und tatsächlich: lachende, offene Gesichter, auch wenn es ihnen offensichtlich am Nötigsten fehlt! Und die Frauen seien die eigentlichen Macherinnen. Also dann!
Herr Vystupanstup hat uns auf die Sendung hingewiesen. Wir haben's aufgenommen, falls du nach deiner Rückkehr hier quasi umgekehrt Heimweh bekommen tätest...!

Anel hat gesagt…

Hallo Hannah!
Jetzt meld ich mich endlich auch mal, ich hoffe du bist inzwischen mit arbeit eingedeckt und gut beschäftigt, bin grad bissle am Bammel-kriegen, in 4 tagen darf die nachzüglerin dann auch mal los...Ich musste voll lachen als ich deine heiratsgeschichte gelesen hab und hab sie mir gleich mal gemerkt, man kann ja nie wissen...auserdem hab ich gleichmal nachgeschlagen,was schwarzer auf twi heißt, also danke fürs afrikanische Kultur vortesten!!!Also ich wünsch dir von herzen alles gute und denke an dich, schreib mal wieder, ich bin heiß auf neues aus Mosambik!!!
Liebes Grüßle (aber kein Liebesgrüßle;-) )
Lena