Montag, 8. Juni 2009

Das Datum dieses Eintrags muesste eigentlich der 13.Mai sein. Vorausschauenderweise habe ich alles auf einem laptop vorgeschrieben, dann aber im Internetcafe nix aufbekommen. Danach war ich fast drei Wochen in Mosambik reisen. Ein aktueller Bericht kommt hoffentlich auch bald, bis dahin viel Spass mit meiner Vergangenheit...


Hier und heute moechte ich ein paar Einblicke und Beispiele aus dem mosambikanischen Alltagsleben geben.

Was macht ein junger Mosambikaner mit einem eigenen Grundstueck, etwas Geld in der Hand und der Lust von zu Hause aus zu ziehen??? Ja genau, er nimmt sich noch ein paar Freunde und baut sich einfach ein Haus. Das scheint hier nicht so schwierig zu sein. Alles wird selbst hergestellt. Zuerst die Steine, aus denen dann das Haus gebaut wird. Wellbleche werden fuer das Dach gekauft und verlegt. Die Tuer baut man sich aus etwas Holz, das Fenster aus Eisen, bzw mauert es zu, solange noch ein Stueck des Fensters fehlt. Ich habe hier aktiv sozusagen nur den Schluss mitbekommen. Das Verputzen der Innenwaende und des Bodens. Der Zement wird von Hand angemischt, mit einem Spaten wird eine mehr als mannstiefe Grube ausgehoben (die spaeter dann zur Muellentsorgung dient) und der Sand daraus (der Boden hier besteht nur aus Sand) wird zum Beton anmischen und als Grundlage fuer den Boden genommen. Innerhalb von einer Woche wird so ein halbfertig gebautes Haus bewohnbar. Aber wirklich alles ist hier Handarbeit. In der ersten Zeit in einem solchen Haus muss man dementsprechend nach jedem Regen die neu entdeckten undichten Stellen abdichten und die Tuer, die sich leider verzogen hat, abschleifen. So insgesamt ist es aber eine Ecke unkomplizierter als unser Hausbau. Im uebrigen schreckt es hier auch nicht ab in ein Haus zu ziehen, solange es weder Klo, noch fliessend Wasser, noch Strom hat. Nach und nach beschafft man sich das auch und falls das Zimmer irgendwann zu eng wird, wird auf die gleiche Art und Weise einfach angebaut. Ein einfaches Haus zu bauen ist also eher eine Sache, die man eben macht. So kenne ich auch einige, die irgendwann als Jugendliche sich einfach ein eigenes Zimmer an das Haus der Eltern angebaut haben, um den Geschwistern etwas zu entfliehen. Danach baut man dann je nach Gelegenheit, um die Eltern gut zu stimmen auch noch eine Kueche an und alles natuerlich von selbst verdientem Geld, und das im Teenageralter...

Kochen ist hier in Mosambik richtige koerperliche Arbeit, die ganz klar den Frauen zugeteilt ist. Die Maenner machen in der Kueche keinen Finger krum. Das mosambikanische Essen besteht zu einem grossen Teil aus den sogenannten Verduras, also Gruenzeug. Das wird normalerweise mit Kokosmilch und Erdnuessen gekocht. Dazu muessen die Kokosnuesse ausgeschabt und das Fruchtfleisch dann in kochendes Wasser gegeben und danach abgesiebt werden. Die Erdnuesse muessen gestampft werden. Ganz fein muss das sein. Das benoetigt mehrere Durchgaenge. Nach jedem Mal werden die Erdnuesse aus dem Stampfer rausgenommen und die schon feinen werden durch geschicktes Schuetteln von den noch zu groben getrennt. Danach wird alles zusammen mit Tomate, Zwiebeln und Knoblauch gekocht und mit Reis gegessen. Was sehr leckeres, das zum Teil allerdings nach fast einem Jahr etwas an Reiz verliert...In meiner Familie ist meine Gastschwester dafuer zustaendig, dass jeden Tag etwas zu Essen da ist. In jeder Familie hat diese Aufgabe eine Tochter, die Schwiegertochter, ein Maedchen, dass im Haus lebt oder eine Haushaelterin. Sobald die Kinder in einem bestimmten Alter sind macht die Mutter nichts, aber wirklich gar nichts mehr.
Ich habe fuer meine Familie einmal Linsen und Spaetzle gemacht. Eine deutsche Freundin hatte zum Glueck ein Spaetzlesgeraet da und so habe ich nicht nur mir, sondern der ganzen Familie eine Freude gemacht. Meine Gastschwester hat mit Begeisterung auch gleich alles ausprobieren und lernen moechten, aber leider gabs seitdem nie wieder Linsen und Spaetzle, vielleicht muss ich da doch nochmal ran:-)

Eine Frage, die ich mir auch schon lange gestellt habe: Wie bringt man eigentlich Kuehe ueber einen Fluss??? Hier ist die Antwort:
Einfach an ein Boot anbinden und mitnehmen. Anders als bei der schwaebischen Eisenbahn sind so alle Tiere lebend ans andere Ufer gekommen, wie es ihnen aber so gegangen ist konnten sie mir aber leider nicht sagen...

Wie es dem armen Huhn gegangen ist, das von mir geschlachtet wurde weiss ich leider auch nicht. Hier ist es eigentlich selbstverstaendlich ab und zu selbst ein Huhn zu schlachten. Auf den Maerkten werden diese zahlreich in engen Kaefigen verkauft. Eine oesterreichische Freundin und ich wollten das nun auch mal probieren. Unser grossangekuendigter Wille ist im Endeffekt aber ziemlich geschrumpft. Wir hatten beide total viel Mitleid mit den Tieren. Aber mit der Anweisung von zwei Mosambikanern (und deren Weigerung selbst zu schlachten...) mussten wir letztendlich doch durch und es so machen wie zuvor gesagt. Eine Handvoll Mosambikaner haben sich koestlich amuesiert ueber diese zwei Weissen, die Mitleid mit Huehnern haben und sich nicht trauen ein Messer in die Hand zu nehmen. Ich fand es dann auch etwas gruselig, aber tapfer haben wir geschlachtet und gerupft und gegrillt. Vielleicht nicht mein tollstes Erlebnis hier, aber eigentlich muss man, wenn man Fleisch isst die Tiere auch schlachten koennen, oder?
Heute habe ich immerhin in der theologischen Aufklaerung meiner Gastmutter gelernt, dass Huehner nur sterben und kein Leben nach dem Tod haben. Meine Gastgeschwister hatten Zoff wegen zwei kleinen Tueten Chips, deshalb hat meine Gastmutter beschlossen, dass sie ab Samstag in die Kinderkirche muessen, weil sie sich unmoeglich anstellen wuerden, und bei uns Menschen ist es ja, im Gegensatz zu Huehern(!), nach dem Tod ja nicht einfach vorbei. Dann wollen wir mal hoffen, dass die Kinderkirche gut tut. Ich werd diese Woche leider nicht erleben, was sie dort dann gelernt haben werden, ab Freitag werde ich naemlich verreisen. Ungefaehr zwei Wochen, die erste Station wird Beira, etwa 1000km weiter im Norden sein. Freu mich nun schon etwas mehr von Mosambik zu sehen, ueber Huehnerhimmel und Menschenhoelle werd ich mir dann waehrend der stundenlangen Chapafahrt etwas ausfuehrlicher Gedanken machen...

2 Kommentare:

vystupanastup hat gesagt…

...das finde ich sehr löblich! hühnerhimmel und hähnchenhölle sind - selbst in den apokryphsten beischriften zur apokalypse - eindeutig bislang in der teleologischen forschun zu kurz gekommen. sogar die naturwissenschaften haben hier noch nachzulegen: wenn eine menschenseele 21 gramm wiegt, wie viel wiegt dann eine hühnchenseele? und, viel interessanter, die eines kapauns?
freut micht, dass du auch wertvolle einblicke in das ehrliche metzgerhandwerk gewinnst! das ist was handfestes, denn schließlich ist gulasch krisenfest. und wenn man die tierlein liebevoll und theologisch einwandfrei ins jenseits befördert und zerlegt, ist das aller ehren wert! nur keine rohrdommeln und wiedehopfe (lev 11, 18-19 in der lutherübersetzung), oder aber, viel problematischer, weil lecker grillgut, klippschliefer (lev 11, 5; zürcher bibel) metzgen. aber das lernt man in der metzgerschule.

Vaddrvoalbra hat gesagt…

Dein Häuslesbauerbericht betrifft schon die Mosambikaner und nicht die Schwaben hier auf der Alb, oder?
Denn dass man ein Haus bauen muss, ist doch hier genau so selbstverständlich, und dass man das meiste selber und zumindest schwarz macht, auch.
Hier baut ein Rentner mit seinen uralten Eltern bereits seit über 10 Jahren an einem eigenen Haus. Mittlerweile ist der Vater auf der Baustelle verstorben, aber alte Mutter und alter Sohn bauen weiter, alles solide aus Beton.
Ob sie das Richtfest noch erleben...? Aber das ist auch nicht egal. Ich glaube, sie fühlen sich ganz wohl im Bauwagen in der halbfertigen Garage.
Auch der Tiertransport hat hier Enstsprechungen:
Zwar werden hier keine Kühe durchs Wasser und keine Ziegen mehr von der Eisenbahn gezogen, aber dass Pferde von der Weide per Auto abgeholt werden, ist gang und gäbe: Da sitzt der Beifahrer im Kofferraum, lässt die Beine baumeln und zieht die Pferde am Zügel hinterher.
Und in Glems hat man die Kühe an den Traktor gehängt und so in den heimischen Stall geschleppt.
Also möglicherweise ist deine Hoffnung auf ein zivilisierteres Leben zumindest hier auf der Alb vergeblich.
Den Trick mit der Zementgrube könntest du sogar importieren. Zwar gibt es keinen Sand hier, aber dafür Kalk (Weißjura Epsilon).
Also lerne nur feste weiter, irgendwie,-wann und -wo wirst du es brauchen können!